Lebensretter unter der Haut

Herzzentrum setzt erstmals Defibrillator mit Brustbein-Elektrode gegen plötzlichen Herztod ein

Im Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) wurde einem Patienten mit Herzrhythmusstörungen erstmals ein neuartiger Defibrillator mit Brustbein-Elektrode implantiert: Das Aurora-System ist ein Defibrillator, der außerhalb des Herzens liegt und den plötzlichen Herztod verhindert.

Laut Deutscher Herzstiftung sterben in Deutschland jedes Jahr etwa 65.000 Menschen an einem plötzlichen Herztod. Das entspricht 20 Prozent aller durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachten Todesfälle. Zunächst treten schwere Herzrhythmusstörungen auf, denen binnen weniger Minuten der Herzstillstand folgt. Menschen, die einen Herzinfarkt hatten, bei denen Herzversagen aufgetreten ist oder deren Herz zu schnell schlägt, haben ein erhöhtes Risiko für den plötzlichen Herztod. Für Patient*innen mit einer Tachykardie, auch bekannt als schneller Herzschlag oder Herzrasen, kann ein sogenannter implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (ICD) der Lebensretter sein.

Das Aurora EV-ICDTM-System der Firma Medtronic ist ein solcher implantierbarer Defibrillator, der bei Tachykardien eingesetzt wird. Das Gerät gibt sanfte elektrische Impulse zur Verhinderung von Herzrasen und zur Stabilisierung von Pausen im Herzschlag ab. „Das Aurora-System ist ein sogenanntes extravaskuläres System. Das Besondere daran ist, dass es sich außerhalb der Blutgefäße befindet. Die Elektrode wird unterhalb des Brustbeins geführt und der Defibrillator selbst wird unterhalb der linken Achselhöhle eingesetzt“, erläutert Dr. Leonard Bergau, stv. Leiter des Schwerpunkts Klinische Elektrophysiologie und Oberarzt in der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der UMG, der mit seinem Team den Defibrillator erstmalig bei einem Patienten in der UMG implantiert hat.

Ein ICD-System besteht aus dem Defibrillator und einer oder mehreren Elektroden. Der Defibrillator überwacht das Herz und sorgt automatisch für die richtige Therapie, um gefährliches Herzrasen bereits in seinen Anfängen zu korrigieren. Elektroden übertragen die elektrischen Impulse vom Defibrillator an das Herz und liefern umgekehrt Informationen über die natürliche Aktivität des Herzens zurück zum ICD. Nach der Implantation kann dieses über ein Programmiergerät in der behandelnden Klinik oder Praxis gesteuert werden. Bei konventionellen Defibrillatoren wird eine drahtförmige Elektrode von einem Gerät, das unterhalb des Schlüsselbeins platziert ist, über eine große Vene bis ins Herzinnere geführt und dort verankert. Wenn es zu einer gefährlichen Herzrhythmusstörung kommt, gibt der Defibrillator entweder schwache Impulse oder einen Elektroschock ab, um den Herzrhythmus wieder zu stabilisieren und so den plötzlichen Herztod zu verhindern. „Dieses System ist bewährt und die Technologie ist weit fortgeschritten. Dennoch gibt es Schwachstellen, da die Elektrode mit der Zeit brechen, Infektionen auslösen oder während der Implantation die Lunge verletzen kann“, sagt Bergau. Um diese Risiken zu minimieren, wurde der sogenannte subkutane ICD entwickelt, bei dem die Elektrode unter der Haut auf dem Brustbein liegt. Diese Geräte haben jedoch keine Schrittmacherfunktion, die bei zu langsamem Herzschlag erforderlich sein kann, die Größe und die Haltbarkeit sind ähnlich. „Wir entscheiden jeweils individuell, abhängig vom Krankheitsbild gemeinsam mit den Patient*innen, welches System am besten geeignet ist. Ich freue mich, dass wir mit dem Aurora-System das Leistungsspektrum im Herzzentrum maßgeblich erweitern konnten“, fasst Dr. Bergau zusammen.

Im Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen arbeiten 14 Kliniken und Institute sowie die Geschäftseinheit Pflegedienst der Universitätsmedizin Göttingen auf den Gebieten Herz, Gefäße, Lunge und Niere zusammen. Diese Organe sind in ihrer Funktion besonders eng miteinander verbunden. Die Kliniken und Institute sind zu einem interdisziplinären Zentrum zusammengeführt. Dadurch werden eine optimale und effiziente Krankenversorgung, Forschung und Lehre gewährleistet. Ziel des Herzzentrums der UMG ist es, eine qualitativ hochwertige Medizin patientenorientiert, aufgeschlossen und transparent zu praktizieren.

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