Neue Erkenntnisse zur Rolle von Eisen bei Herzinsuffizienz
Laut Deutscher Herzstiftung ist etwa die Hälfte der Patient*innen mit einer Herzschwäche, auch Herzinsuffizienz genannt, von einem Eisenmangel betroffen. Bei einem Eisenmangel ist oft die Anzahl der roten Blutkörperchen sehr niedrig, sodass das Blut nicht genügend Sauerstoff in den Körper transportieren kann. Neben der Blutbildung wird Eisen aber auch in vielen anderen Stoffwechsel-Prozessen gebraucht, etwa bei der Bereitstellung von Energie für die Kontraktion des Herzmuskels und der Skelettmuskeln. Betroffene mit Eisenmangel leiden daher oft an Erschöpfung, Schwäche und Blässe bis hin zur Kurzatmigkeit und Brustschmerzen. Bei Patient*innen mit Herzinsuffizienz verschlimmert ein Eisenmangel die Symptomatik und hat negative Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf. Während für die Herzinsuffizienz mit reduzierter Pumpleistung bereits zahlreiche Studien sowie Leitlinienempfehlungen zur Behandlung des Eisenmangels vorliegen, blieb bislang unklar, ob die Empfehlungen auch auf die Herzschwäche mit erhaltener Pumpfunktion (HFpEF) zutreffen. Hierbei pumpt das Herz zwar noch kräftig, aber es wird nicht mehr ausreichend mit Blut gefüllt. Dies passiert, wenn die Muskeln des linken Vorhofs und der linken Herzkammer steifer werden und sich nicht mehr normal dehnen können. Infolgedessen gelangt das Blut bei jedem Herzschlang nur schwer vom linken Vorhof in die linke Herzkammer, was zu einem erhöhten Druck in der Lunge und der linken Herzkammer führt.
An dieser Stelle setzte die Studie FAIR-HFpEF unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. Stephan von Haehling, Leiter des Arbeitsbereiches Metabolische Kardiologie und Oberarzt in der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), und Prof. Dr. Stefan D. Anker vom Deutschen Herzzentrum der Charité an. „Bei der Herzinsuffizienz mit einer Pumpschwäche hat sich gezeigt, dass die intravenöse Gabe von Eisen zu einer körperlichen Leistungssteigerung und einer Reduzierung der Krankenhausaufenthalte bei betroffenen Patientinnen und Patienten führt. Die Leitlinienempfehlung bezieht sich jedoch nur auf die Herzschwäche mit reduzierter beziehungsweise leicht reduzierter Auswurfleistung. Mit FAIR-HFpEF wollten wir herausfinden, ob auch Patientinnen und Patienten mit einer erhaltenen Pumpleistung von einer Eiseninfusion profitieren können“, sagt Prof. von Haehling. In der bundesweiten Studie konnte das Team nun zeigen, dass die Patient*innen, die wiederholte Eiseninfusionen erhielten, deutlich belastbarer waren und eine signifikante längere Distanz innerhalb von sechs Minuten zurücklegen konnten, als die Patient*innen in der Kontrollgruppe. Die Ergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift European Heart Journal veröffentlicht.
Originalpublikation:
Stephan von Haehling, Wolfram Doehner, Ruben Evertz, Tania Garfias-Veitl, Carlotta Derad, Monika Diek, Mahir Karakas, Ralf Birkemeyer, Gerasimos Fillippatos, Mitja Lainscak, Javed Butler, Piotr Ponikowski, Michael Böhm, Tim Friede and Stefan D. Anker: Ferric carboxymaltose and exercise capacity in heart failure with preserved ejection fraction and iron deficiency: the FAIR-HFpEF trial. European Heart Journal (2024) 00, 1–12, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehae479
Über die Studie
Die FAIR-HFpEF-Studie wurde an mehreren deutschen Standorten beziehungsweise Zentren durchgeführt. Insgesamt wurden 40 Patient*innen mit einer Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpleistung aufgenommen, die per Zufallsprinzip auf zwei Gruppen aufgeteilt wurden. Die Teilnehmer*innen mussten eine erhaltene Pumpleistung von über 45 Prozent aufweisen, das heißt bei einem Herzschlag müssen mehr als 45 Prozent des Blutes die linke Herzkammer verlassen, gleichzeitig aber die Beschwerden der klassischen Herzschwäche aufweisen, etwa Luftnot bei Belastung oder Wassereinlagerung in den Unterschenkeln und Knöcheln. Weiterhin war die Einnahme von entwässernden Medikamenten, sogenannten Diuretika, erforderlich, und die Teilnehmer*innen mussten entweder in den letzten zwölf Monaten wegen ihrer Herzschwäche im Krankenhaus gewesen sein oder erhöhte Laborwerte des NT-proBNP-Proteins aufweisen. Dieses von den Herzmuskelzellen gebildete Protein wird ins Blut abgegeben und gilt als Marker für den Nachweis einer Herzinsuffizienz. Zudem mussten typische Werte für Eisenmangel vorliegen. Eine leichte Blutarmut war kein Hindernis für die Aufnahme in die Studie, eine ausgeprägte Blutarmut war jedoch nicht zulässig. In einem 6-Minuten-Gehtest durften die Patient*innen nicht mehr als 450 Meter zurücklegen, als weiteres Kriterium für den Einschluss der Patient*innen, die von einer Eisengabe profitieren könnten. Die 40 Studienpatient*innen waren im Durchschnitt 80 Jahre alt. Zwei Drittel der Teilnehmer*innen war weiblich. Die durchschnittliche Gehdistanz innerhalb von sechs Minuten lag zu Studienbeginn bei 300 Metern.
Die Patient*innen, die in der Experimentalgruppe waren, erhielten wiederholt Eiseninfusionen (Eisen-Carboxymaltose), die Kontrollgruppe eine Kochsalzlösung. „Nach 24 Wochen haben wir den 6-Minuten-Gehtest wiederholt und festgestellt, dass die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer in der Experimentalgruppe signifikant bessere Ergebnisse erzielten als die Kontrollgruppe“, sagt Prof. von Haehling. Durchschnittlich 350 Meter liefen die Patient*innen nach der Eiseninfusion im Gehtest, das sind 50 Meter mehr als zuvor. Das Ergebnis war dabei unabhängig vom Geschlecht, dem Grad der Herzinsuffizienz und den Blutwerten.
„Die ersten Ergebnisse der kleinen, aber aussagekräftigen Studiengruppe sind als klinisch relevant einzuschätzen. Es gibt nun erste Ergebnisse zur Wirksamkeit der Eiseninfusionen bei Patient*innen mit erhaltener Pumpfunktion, die zukünftig weiter verfolgt und in die Praxis übertragen werden sollten“, sagt Prof. Dr. Gerd Hasenfuß, Direktor der Klinik für Kardiologie und Pneumologie und Vorsitzender des Herzzentrums der UMG.
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