Risiko überwunden: Langjährige Herzpatientin freut sich über gesunden Nachwuchs
(umg) Anika Egermann kam vor 29 Jahren mit einem schweren Herzfehler in Eschwege zur Welt. Sie wurde mit einem Ein-Kammer-Herzen geboren, seitdem ist sie in der Kinderherzklinik der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) in Behandlung und wurde mehrfach am Herzen operiert. Heute kommt sie regelmäßig für Untersuchungen in die UMG-Kinderherzklinik und kann inzwischen ein fast normales Leben führen. „Als mein Partner Felix und ich über Nachwuchs nachdachten, hatten wir viele Fragen. Ich hatte zum Beispiel große Sorgen, meinen Herzfehler zu vererben“, sagt Anika Egermann.
Das junge Paar ließ sich in der UMG von Prof. Dr. Matthias Sigler, stellvertretender Direktor der Klinik für Pädiatrische Kardiologie, Intensivmedizin und Neonatologie, beraten. Der Kinderkardiologe behandelt Frau Egermann seit vielen Jahren: „Eine Schwangerschaft ist eine starke Belastung für das Herz-Kreislauf-System der werdenden Mutter. Da auch die Wahrscheinlichkeit für eine Frühgeburt und einen Herzfehler beim Neugeborenen erhöht ist, haben wir die Risiken ausführlich besprochen und abgewogen.“, so Matthias Sigler. Anika Egermann und Felix Hesse nahmen sich ein Jahr Zeit für ihre Entscheidung: „Nach vielen Gesprächen und Untersuchungen haben wir uns dazu entschieden, das Risiko einzugehen, denn wir fühlten uns gut beraten“, so Anika Egermann. Während der Schwangerschaft wurde die Patientin intensiv in der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe der UMG betreut.
In der UMG arbeiten Spezialist*innen verschiedener Fachrichtungen Hand in Hand. „In mehreren Konferenzen bereiteten wir uns auf die Entbindung der Patientin vor. Zum Team gehörten neben den Hebammen und den Geburtshelfer*innen die Expert*innen aus der Neonatologie, der Herzchirurgie, der Anästhesie, die Expert*innen für Erwachsene mit einem angeborenen Herzfehler aus der Klinik für Pädiatrische Kardiologie, Intensivmedizin und Neonatologie sowie das Pflegeteam. „Während der Geburt stand im Operationssaal ein Team mit etwa zwanzig Personen bereit, um bei Komplikationen sofort reagieren zu können“, sagt Prof. Sigler. Ylva kam in der 32. Schwangerschaftswoche am 3. Juli 2023 per Kaiserschnitt zur Welt. Nach der Entbindung wurden Mutter und das frühgeborene Kind auf der Kinderintensivstation 0133 interdisziplinär behandelt.
„Ich freue mich sehr über den Nachwuchs unserer langjährigen Patientin und gratuliere von ganzem Herzen. Frau Egermann gehört zur ersten Generation von Erwachsenen mit einem Ein-Kammerherzen, bei denen durch die Operationen und regelmäßige Untersuchungen ein weitestgehend normales Leben möglich ist. Die Beratung, Behandlung und Nachsorge der Patienten und ihrer Familien erfolgen unter dem Dach der Kinderherzklinik interdisziplinär“, so Prof. Dr. Thomas Paul, Direktor der Klinik für Pädiatrische Kardiologie, Intensivmedizin und Neonatologie der UMG.
Inzwischen ist die kleine Ylva elf Wochen alt und entwickelt sich prächtig, einen angeborenen Herzfehler hat sie glücklicherweise nicht. „Ich bin nun seit fast vier Monaten in der UMG gewesen und möchte mich vor meiner Entlassung herzlich bei dem gesamten Team bedanken. Es war eine anstrengende Zeit, doch mein Partner und ich haben uns gut aufgehoben gefühlt und sind allen Beteiligten sehr dankbar“, sagt Anika Egermann.
Hintergrund Kinderherzklinik
Im vergangenen Jahr feierte die Kinderkardiologie in Göttingen ihr 60-jähriges Bestehen. Im Jahr 1962 wurde an der Universität Göttingen der deutschlandweit erste Lehrstuhl für Pädiatrische Kardiologie eingerichtet. Inzwischen werden in der Kinderkardiologie der Klinik für Pädiatrische Kardiologie, Intensivmedizin und Neonatologie der UMG jedes Jahr mehr als 7.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit einem angeborenen Herzfehler untersucht und behandelt.
Etwa fünf Prozent aller Kinder, die mit einem schweren Herzfehler zur Welt kommen, haben statt zwei Herzkammern nur eine funktionstüchtige Herzkammer, ein Ein-Kammerherz. Weil dieser Herzfehler äußerst komplex ist, müssen die kleinen Patient*innen in ihren ersten Lebensjahren mehrmals operiert werden, so auch Anika Egermann. Durch die Verbesserungen der Operationsverfahren, die Fortschritte in der Intensivmedizin und die Entwicklung neuer Medikamente wurde der Weg für diese Kinder in den letzten Jahren immer leichter.
WEITERE INFORMATIONEN
Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität
Herzzentrum Göttingen, Öffentlichkeitsarbeit
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