Herzforschungszentrum Göttingen
Das Herzforschungszentrum Göttingen (HRCG) bündelt alle Aktivitäten der Herz- und Gefäßforschung in Göttingen. Es macht sich zur Aufgabe, die Mechanismen zu untersuchen, die Herzerkrankungen auslösen und zur Verschlechterung bereits bestehender Herzerkrankungen führen. Auf der Grundlage dieser Forschung sollen neue Diagnose- und Behandlungsverfahren zur Verbesserung der Patientenversorgung entwickelt werden. Im Vordergrund stehen Forschungsarbeiten zur Herzinsuffizienz. Herzschwäche ist mit zwei bis drei Millionen betroffenen Patienten*innen in Deutschland eine der häufigsten Erkrankungen. Sie führt zu Luftnot, eingeschränkter Belastbarkeit und einer verringerten Lebenserwartung. Die 5-Jahres-Sterblichkeit liegt mit 50 Prozent höher als bei den meisten Krebserkrankungen. Herzinsuffizienz entsteht nach Herzinfarkt, durch zu hohen Blutdruck, nach Herzmuskelentzündung oder bei Herzklappenerkrankungen. Zentraler Auftrag des HRCG ist die Translationale Medizin, das heißt die Suche nach Lösungen an der Schnittstelle zwischen vorklinischer Grundlagenforschung und klinischer Entwicklung. Die Probleme werden in der Klinik an Patient*innen identifiziert und die Lösungen in den Laboren der Wissenschaftler*innen erarbeitet. So kommen die Ergebnisse auf schnellstmöglichem Weg auch wieder den Patient*innen zugute.
Konzept HRCG
Im Heart Research Center Göttingen sind Grundlagenwissenschaftler*innen und klinische Forscher*innen gleichermaßen vertreten. Dabei kooperieren das Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen, naturwissenschaftliche Fakultäten der Georg-August-Universität, das Max-Planck-Institut (MPI) für experimentelle Medizin, das MPI für biophysikalische Chemie, das MPI für Dynamik und Selbstorganisation sowie das Deutsche Primatenzentrum (DPZ). Die enge Kooperation zwischen Kliniker*innen und Grundlagenforscher*innen bietet so die einzigartige Möglichkeit, die Ergebnisse der Grundlagenforschung zeitnah in der Praxis umzusetzen. Bei allen Vorhaben setzen die beteiligten Wissenschaftler*innen und Kliniker*innen modernste Labortechniken und Methoden ein. So dient beispielsweise die in Göttingen von Professor Dr. Stefan W. Hell am MPI für biophysikalische Chemie erfolgreich entwickelte STED-Mikroskopie dazu, das Zusammenspiel von Kanälen und Molekülen im Herzmuskel zu analysieren. Diese Erkenntnis hilft dabei, neue Behandlungsmethoden zu entwickeln.
Forschungsschwerpunkte HRCG
Behandlungsverfahren der Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) unter Verwendung von Stammzellen
Im HRCG werden Arbeiten mit pluripotenten Stammzellen durchgeführt. Aus diesen Stammzellen werden Gewebsverbände hergestellt, die dann durch Aufnähen auf das erkrankte Herz eine Verstärkung bedeuten können. Immunologische Untersuchungen werden durchgeführt, um die Abstoßung der Stammzellen oder die Tumorbildung durch Stammzellen sicher verhindern zu können.
Behandlung von Herzklappenerkrankungen mit Katheterverfahren
In dieser Disziplin arbeiten Kardiologie und Herzchirurgie eng zusammen. Beispiele hierfür sind die Implantation von Aortenklappen und die katheterbasierte Behandlung der Mitralklappeninsuffizienz durch MitralClips und andere Verfahren.
Behandlung von Herz-Rhythmusstörungen
Herzrhythmusstörungen können gehäuft bei der Herzinsuffizienz, aber auch ganz unabhängig davon vorkommen. Bei den Herzthythmusstörungen sollen die krankmachenden Mechanismen erkannt und neue Behandlungsverfahren entwickelt werden. Der Forschergruppe um Prof. Dr. Stefan Luther und Prof. Dr. Eberhard Bodenschatz, beide MPI für Dynamik und Selbstorganisation, sowie Prof. Dr. Markus Zabel, Abteilung Kardiologie und Pneumologie der UMG, ist es gelungen, ein neues Verfahren zur Behandlung lebensbedrohlicher Herzrhythmusstörungen (Kammertachykardien und Kammerflimmern) zu entwickeln. Erstmals konnten die Forscher*innen in vivo (am Tiermodell) zeigen, dass eine Abfolge niedrig-energetischer elektrischer Pulse Vorhofflimmern erfolgreich beenden kann. Dabei kommt die sogenannte Niedrig-Energie-Defibrillation mit etwa 84 Prozent weniger Energie aus als die herkömmliche Defibrillation. Mit Hilfe eines Herzkatheters erzeugen die Forscher*innen eine Abfolge von fünf vergleichsweise schwachen elektrischen Pulsen im Herzen. Wenige Sekunden später schlägt das Herz wieder regelmäßig. Für viele zu behandelnde Personen mit implantiertem Kardioverter-Defibrillator (ICD) könnte die neue Technik Schmerzen vermindern, die Erfolgsrate der Behandlung erhöhen und die Batterielebensdauer verlängern und damit die Häufigkeit des chirurgischen Geräteaustausches reduzieren. Die Befunde werden in der Zeitschrift Nature publiziert: Nature, Vol. 475, Issue 7355, 235-239 (2011): Low-energy Control of Electrical Turbulence in the Heart.
Weiterhin werden am Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen gegenwärtig klinische Untersuchungen mit neuen Rhythmusmedikamenten durchgeführt, an deren Entwicklung Wissenschaftler des HRCG in den vergangenen fünf Jahren entscheidend beteiligt waren.
Partner
- Fakultät für Chemie an der Georg-August-Universität Göttingen
– Arbeitsgruppe Prof. Dr. Dr. h.c. Lutz F. Tietze - Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie
– Arbeitsgruppe NanoBiophotonics
– Arbeitsgruppe Prof. Dr. rer. nat. med. h.c. Stefan W. Hell - Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation
– Arbeitsgruppe „Hydrodynamik, Strukturbildung und Nanobiokomplexität“ Prof. Dr. Eberhard Bodenschatz
– Arbeitsgruppe „Biomedizinische Physik“, Prof. Dr. Stefan Luther - Deutsches Primatenzentrum
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