Kardiomyopathie

Unter dem Begriff der Kardiomyopathie werden viele verschiedene strukturelle Veränderungen der Herzmuskulatur zusammengefasst. Oft tritt die Kardiomyopathie durch eine krankhafte Vergrößerung der Herzkammern oder durch die Verdickung der Herzmuskulatur in Erscheinung. Herzrhythmusstörungen oder eine Herzinsuffizienz können die Folge sein.

Ursachen und Symptome

Wird von einer Kardiomyopathie gesprochen, können sich unterschiedliche Krankheitsbilder mit verschiedenen Ursachen und Symptomen dahinter verbergen. Die eigentliche Ursache kann genetisch, erworben oder eine Mischform aus beidem sein. Vor allem in sehr frühen oder sehr fortgeschrittenen Formen kann die Ursache der Kardiomyopathie oft (noch) nicht ermittelt werden. Deshalb greift man auf eine Einteilung zurück, die sich auch anwenden lässt, wenn die genaue Ursache noch nicht bekannt ist: Nach der Klassifikation der American Heart Association (AHA) werden deshalb zunächst nur primäre von sekundären Kardiomyopathien unterschieden.

Primäre Kardiomyopathien entstehen direkt im Herzmuskel und haben in vielen Fällen einen genetischen Ursprung, d. h., die genetische Information für Bestandteile des Herzmuskels ist krankhaft verändert. Nicht immer ist der auslösende Gendefekt genau bekannt. Aufgrund der genetischen Komponente ist das Risiko einer Erkrankung für Angehörige oft höher, wenn bereits ein Familienmitglied betroffen ist. Primäre Kardiomyopathien können aber auch im Laufe des Lebens erworben werden, z. B. infolge einer Herzmuskelentzündung.

Sekundäre Kardiomyopathien hingegen entstehen durch Erkrankungen, die auch andere Organe des Körpers betreffen können. Die Wirkung von Substanzen wie Alkohol, Drogen oder Chemotherapeutika kann eine sekundäre Kardiomyopathie verursachen oder begünstigen. Durch Speicher-, Stoffwechsel- oder Bindegewebserkrankungen können sich schädliche Stoffe auch im Herzmuskel anreichern, die zu einer Schwächung des Herzens führen. Ferner können auch Autoimmunerkrankungen das Herz mit betreffen.

Eine weitere Einteilung richtet sich nach der veränderten Form und Funktion des Herzmuskels.

Dilatative Kardiomyopathien

Bei der dilatativen Kardiomyopathie (DCM) wird die Struktur des Herzmuskels schwächer, die Herzkammern und Herzvorhöfe weiten sich krankhaft. Dadurch ist das Herz nicht mehr in der Lage, ausreichend zu pumpen. Ausgelöst wird die Schwächung der Herzwände u. a. durch Entzündungen des Herzmuskels, aber auch durch Alkohol, andere Drogen und Chemotherapeutika. Bei etwa einem Drittel der Betroffenen sind die Ursachen genetisch und treten deshalb manchmal familiär gehäuft auf. Die betroffenen Patient*innen weisen oft Zeichen und Beschwerden einer Herzinsuffizienz auf. Der Verlauf ist je nach Auslöser sehr unterschiedlich und reicht von einer vollständigen Erholung der Herzfunktion bis zu einer dauerhaften Herzschwäche. Entsprechend muss die Therapie individuell geplant werden.

Hypertrophe Kardiomyopathien

Die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) zeigt sich durch eine übermäßige Verdickung des Herzmuskels. Während die Zunahme des Herzmuskelgewebes bei Hochleistungssportlern normal und Effekt des Trainings ist, gibt es bei der HCM keine derartige Ursache. In vielen Fällen haben die Patient*innen nur wenige Beschwerden. Ist die linke Herzkammer durch übermäßige Dickenzunahme des Herzmuskels aber zu klein, kann das mit jedem Schlag transportierte Blutvolumen trotz erhaltener Wandbewegung zu gering sein. Dann treten Zeichen einer Herzinsuffizienz auf. Außerdem können Herzrhythmusstörungen auftreten. Eine hypertrophe Kardiomyopathie kann mit anderen Herzerkrankungen verwechselt werden, bei denen der Herzmuskel zu dick ist, z. B. Speicherkrankheiten oder ein langjährig zu hoher Blutdruck. Deshalb wird die Diagnose einer HCM erst nach Ausschluss solcher Erkrankungen gestellt. Da sie häufig genetisch angelegt ist, kommt der genetischen Diagnostik und Beratung ein hoher Stellenwert zu.

Eine Sonderform der HCM ist die hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie (HOCM). Sie liegt vor, wenn vor allem der Bereich des Herzmuskels unterhalb der Aortenklappe verdickt ist, dort wo das Blut das Herz in Richtung der Organe verlässt. Ist der Blutausstrom aus dem Herzen an dieser Stelle durch einen Muskelwulst behindert, kann es zu Zeichen der Herzschwäche, zu Brustenge (Angina Pectoris), zu Herzrhythmusstörungen und zu plötzlicher Bewusstlosigkeit kommen. Oftmals bleibt die Erkrankung wegen fehlender Beschwerden aber auch über lange Zeit unentdeckt. Insbesondere bei Leistungssportlern drohen bei einer HCM und HOCM bösartige Herzrhythmusstörungen. Das Risiko kann für einen Patienten/eine Patientin inzwischen recht gut abgeschätzt werden, sodass individuell ein Schutz vor solchen Ereignissen geplant werden kann. Daneben bestehen medikamentöse, interventionelle und operative Therapiemöglichkeiten, um die Einengung der Ausflussbahn des Herzens zu verringern.

Restriktive Kardiomyopathien

Können sich die Herzkammerwände während der Füllphase nicht richtig entspannen bzw. dehnen, besteht der Verdacht einer restriktiven Kardiomyopathie. Die Herzwände versteifen sich und werden oft dicker, wie im Falle einer HCM. Anders als dort ist aber nicht eine genetische Veranlagung die Ursache, sondern eine erworbene Verdickung des Herzmuskels, meist durch Einlagerung von abnorm veränderten Proteinen.

Diagnostische Angebote

Dem Verdacht auf eine Kardiomyopathie muss dringend nachgegangen werden, um ein Fortschreiten der Krankheit zu verhindern und Krankheitsrisiken, wie z. B. bösartige Herzrhythmusstörungen, anzugehen. Bei der ersten Untersuchung wird der Arzt ein ausführliches Anamnesegespräch führen, bei dem neben der Krankheitsgeschichte auch familiäre Vorerkrankungen abgefragt werden, die für die Diagnostik relevant sein könnten. Danach erfolgt eine gründliche körperliche Untersuchung. Oft lassen sich bereits beim Abhören des Herzens erste Unregelmäßigkeiten erkennen. Eine anschließende Blutanalyse kann weitere Informationen über die Erkrankung geben.

In vielen Fällen haben Kardiomyopathie-Patient*innen einen auffälligen EKG-Befund, der bspw. auf Herzrhythmusstörungen oder eine verzögerte bzw. verminderte Leistungsfähigkeit des Herzens hinweist. Die Messung der Herzaktivität ist auch über einen längeren Zeitraum mittels Langzeit-EKG sowie unter Belastung möglich. Wichtige Erkenntnisse kann der Arzt mithilfe der Herzultraschalluntersuchung (Echokardiographie) erhalten, wodurch Veränderungen der Dicke und/oder der Beweglichkeit der Herzwand sowie die Menge des durchgepumpten Blutes erkenn- und messbar werden. Zur Darstellung der Anatomie des Herzens, möglicher Einlagerungen oder einer Entzündung ist manchmal auch eine Magnetresonanztomographie sinnvoll.

Mithilfe einer Herzkatheteruntersuchung lassen sich Verengungen der Gefäße feststellen. Dies dient in erster Linie dem Ausschluss einer Beteiligung der Herzkranzgefäße am Krankheitsbild sowie der Ermittlung von Druckwerten in verschiedenen Herzabschnitten und herznahen Gefäßen. Im Rahmen dieser Untersuchung ist zudem eine Biopsie möglich. Hierbei werden sehr kleine Gewebestücke des Herzens entnommen und anschließend zusammen mit speziellen molekularbiologischen Verfahren unter dem Mikroskop untersucht.

Bei bestimmten Formen der genetisch verursachten Kardiomyopathie sind die auslösenden Gene bekannt, sodass auch auf eine Genmutation untersucht werden kann. Hierzu findet immer eine ausführliche individuelle Beratung statt.

Therapeutische Angebote

Ist eine Kardiomyopathie diagnostisch festgestellt und besteht Handlungsbedarf, stehen verschiedene Therapieoptionen zur Verfügung. Grundsätzlich wird zwischen der kausalen und der symptomatischen Therapie unterschieden. Bei erstgenannter Variante kann die Krankheitsursache unmittelbar behandelt werden, beispielsweise bei einem Enzymdefekt durch Gabe des fehlenden Enzyms als Medikament. Ist die Kardiomyopathie durch toxische Substanzen wie Alkohol oder Drogen verursacht, muss der Patient/die Patientin den Konsum für immer einstellen, um die Erkrankung nicht fortschreiten zu lassen.

Bei genetisch verursachten Kardiomyopathien oder bei Kardiomyopathien, deren auslösende Faktoren unbekannt sind, werden Therapien zur Symptom- und Beschwerdelinderung eingesetzt. Hierbei spielt insbesondere die medikamentöse Einstellung der Patient*innen eine große Rolle. Mithilfe verschiedener Medikamente kann einer Verschlechterung der Herzleistung entgegengewirkt werden. Auch Begleitprobleme, wie das Risiko der Bildung von Blutgerinnseln oder der Entstehung von Herzrhythmusstörungen, lassen sich oft medikamentös gut behandeln.

Im Regelfall sollten Kardiomyopathie-Patient*innen körperlich aktiv bleiben, um ihre Leistungsfähigkeit zu erhalten, allerdings muss individuell entschieden werden, welche Aktivitäten infrage kommen, ob Sport möglich ist oder ob sich ein Patient/eine Patientin schonen sollte.

Reicht die medikamentöse Therapie nicht mehr aus oder schreitet die Krankheit weiter voran, müssen neben der medikamentösen Therapie manchmal auch kathetergestützte oder chirurgische Eingriffe in Erwägung gezogen werden. So benötigen wenige Patient*innen bei besonders ungünstigen Verläufen ein Herzunterstützungssystem (Unterstützungspumpe). Wenn die Lebenserwartung trotz optimaler Behandlung bei einer dilatativen oder restriktiven Kardiomyopathie drastisch reduziert ist, kann auch eine Herztransplantation infrage kommen, um die Lebenserwartung und Lebensqualität zu verbessern. Wir besprechen solche Verfahren und mögliche Risiken und Alternativen individuell in unserer Herzinsuffizienz-Ambulanz.

Bei der HOCM kommen zudem spezielle Therapieverfahren in Betracht. Bei einem zu großen Strömungshindernis im Herzen gibt es hier zwei mögliche Methoden, den einengenden Muskelwulst zu verkleinern: die kathetergestützte Septumablation (TASH) oder die chirurgische Myektomie.

Die kathetergestützte Setumablation (TASH) hat das Ziel, die störende Herzmuskulatur zu veröden. Mithilfe eines über die Leiste eingeführten Katheters wird gezielt eine kleine Menge Alkohol (hochprozentiges Ethanol) in genau den Seitenast der linken Koronararterie injiziert, der die verdickte Stelle der Herzscheidewand mit Blut versorgt. Bei Kontakt mit dem Alkohol sterben die Herzmuskelzellen an dieser Stelle ab. Während der Abheilung schrumpft so der Muskelwulst, woraufhin sich die Einengung im Ausflusstrakt des Herzens dauerhaft zurückbildet. Bei einigen Patient*innen ist die Ablation mittels Alkoholinjektion aufgrund ungeeignet angeordneter Herzkranzgefäße nicht möglich. Die Diagnostik und Behandlung der HOCM, ggf. das TASH Verfahren und mögliche Risiken und Alternativen werden mit dem Patienten/der Patientin individuell in unserer HOCM-Ambulanz besprochen.

Neben den katheterinterventionellen Verfahren ist auch ein chirurgischer Eingriff am offenen Herzen möglich. Dieser kann anstatt der TASH durchgeführt werden, wird vor allem dann gewählt, wenn eine TASH zuvor nicht möglich oder nicht erfolgreich war oder noch weitere Herzerkrankungen einer Operation bedürfen (bspw. erkrankte Herzklappen, verengte Herzkranzgefäße). Unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine wird bei der Operation die störende Herzmuskelverdickung entfernt. Das Verfahren und mögliche Risiken und Alternativen werden mit dem Patienten/der Patientin individuell besprochen.

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