Essen für Herz und Seele

Herzgesunde Küche

Essen zwischen Herzgesundheit und täglichen Verführungen

Die Lieblingsgerichte der Deutschen stammen üblicherweise aus der traditionellen deftigen Hausmannkost. Braten, Rouladen, Frikadellen und Schnitzel erfreuen sich großer Beliebtheit. Zudem kommen die ebenfalls sehr beliebten Fast-Food-Produkte: In der Pause oder nach der Arbeit eben mal zum Bratwurststand oder Fast-Food-Restaurant um die Ecke. Am Wochenende wird beim Lieferservice Pizza bestellt.

Es ist aber auch bekannt, dass die Wahl der Lebensmittel und Getränke sowie die Essweise einen enormen positiven Einfluss auf die (Herz-)Gesundheit haben. Dabei spielt zum einen die mediterrane Ernährung eine große Rolle. Allerdings sind damit nicht Pasta und Pizza gemeint, sondern vor allem die traditionelle mediterrane Küche, die einen hohen Anteil an Gemüse, Obst, Vollkornprodukten und Olivenöl enthält. Sie zeichnet sich weiterhin durch einen moderaten Verzehr von Fisch, Meeresfrüchten, Milchprodukten, Geflügel und Eiern aus. Das rote Fleisch, (es sieht im rohen Zustand tatsächlich rot aus) wie z.B. beim Schweine-, Rind-, Kalb-, Schaf-, Lamm- und Kaninchenfleisch, sollte eher seltener verzehrt werden. Denn epidemiologische Studien zeigen, dass es Darmkrebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen fördern kann, wenn es täglich gegessen werden würde. Aber auch der Alkohol, der den Blutdruck zum Steigen bringen kann, sollte eher selten genossen werden.

Nordische Ernährung - Nordic Diet

Zum anderen gilt auch die nordische Ernährung („Nordic Diet“)  als lebensverlängernd. Sie ist das einheimische Pendant der Mittelmeerküche. Sie schützt ebenso wissenschaftlich bewiesen das Herz- und Kreislaufsystem und wirkt der Krebsentstehung entgegen. Die Quellen der traditionellen, gesunden nordischen Küche sind das Feld, der Wald, der Fluss und das Meer. Der Fisch aus dem Atlantik enthält sogar mehr Omega-3-Fettsäuren als der Mittelmeerfisch. Das „Olivenöl des Nordens“ ist unser Rapsöl, ebenso reich an wertvollen Fettsäuren. Die nordischen Länder verarbeiten als Alternative zum Weizen auch Hafer, Buchweizen und Roggen und bauen ballaststoffreiches Wurzel- und Knollengemüse an. Zudem haben die Kohlgemüse ebenso wie die heimischen Beerenfrüchte wertvolle Pflanzenstoffe, die die Gesundheit fördern. Unser „Fleisch des Waldes“, die Pilze, liefern zudem hochwertiges Eiweiß und sind bei uns Nordeuropäern im Salat, als Ragout oder Soßenzutat sehr beliebt. Unsere Kräuter und Wildkräuter runden jedes Essen mit gesundheitsfördernden Inhaltsstoffen ab.

Leider basiert heutzutage die Ernährungsform der deutschen Bevölkerung, wie anfangs beschrieben, eher auf Fertigprodukten, gut gesalzenen Lebensmitteln sowie gesüßten Leckereien. Oft kann es somit schwer fallen, diesen Verführungen der schnellen Verfügbarkeit von zu stark verarbeitetem Essbaren stand zu halten, und seinen eigenen Weg in der Herzgesunden Essweise mit naturbelassenen Produkten zu finden. Auch diejenigen, die das prima schaffen, brauchen ein hohes Maß an eigener Motivation. Denn Komplimente von Mitmenschen gibt es selten, eher Neider, die einen zu fettreichen und zuckerhaltigen Lebensmitteln verführen möchten, um ihr eigenes Unvermögen bei der Umsetzung vor sich selbst zu rechtfertigen.

Auslöser für unerwünschtes Essverhalten

Zudem sind viele Menschen in der heutigen Zeit durch die Verpflichtungen im Alltag häufig fremdbestimmt, so dass eine zusätzliche Belastung durch eine ständige Fokussierung auf die frische Zubereitung von Mahlzeiten eine Überforderung darstellen kann.

Wichtig ist zu verstehen, was die Auslöser für unerwünschtes Essverhalten sind. Es hilft, sich in Situationen, in denen z.B. das Verlangen nach Süßigkeiten aufkommt, zu fragen: „Was brauche ich jetzt wirklich?“ Oft wird dann klar, dass das Essen zur Kompensation von schlechten Gefühlen, Müdigkeit, belastenden Gedanken, zur Belohnung oder als Ablenkung für ungeliebte Tätigkeiten verwendet wird. Allein durch dieses Bewusstsein verändert sich schon das Verhältnis zu den Süßigkeiten. Die Kontrolle über das eigene Essverhalten nimmt wieder zu. Ziel ist es, dass durch diese Erkenntnis der eigentliche Auslöser für das unerwünschte Verhalten erkannt und behoben werden kann.

Gewohnheiten zu wandeln ist mit viel Training verbunden. Das Ziel muss klar und attraktiv sein. Es existiert das Prinzip vom kleinen und großen Glück: „Das kleine Glück ist die leckere Bratwurst von der Imbissbude im Hier und Jetzt, das große Glück ist es, fitter, beweglicher und gesünder zu sein.“ Aber warum ist die Vernunft hier so schwierig und der „Schweinehund“ verführt einen?

Neurologisch begründet liegt das Phänomen des sogenannten Schweinehunds im limbischen System. Dies reguliert unsere Emotionen im Gehirn. Der Konflikt zwischen der Pizza-Burger-Eiscreme-Ecke und der Vollkornbrot-Gemüse-Obst-Fraktion wird dort entschieden. Rationales Denken setzt dabei oft aus. Denn das limbische System befriedigt unsere Bedürfnisse im Hier und Jetzt beispielsweise durch essen bei Stress aufgrund von belastende Gedanken oder Langeweile. Verhaltensänderungen bzw. Ablenkungsmanöver sollten deshalb mit positiven Emotionen verknüpft werden. Zum einen können z.B. Telefonate mit Freunden, das Hören von Lieblingsmusik oder Hörbüchern, Rätseln oder Bewegung draußen das seelische Gleichgewicht wieder verbessern.

Wenn es auch um die Ernährungsgewohnheiten bei Kindern geht, wäre es zielführend, die Gesundheitsförderlichen Lebensmittel positiv zu besetzen. Zum Beispiel kann das gemeinsame Zubereiten von Obst- und Gemüse, der Besuch auf dem Bauernhof beim Eier holen, das gemeinsame Anpflanzen von Kräutern auf dem Balkon und das gemeinsame Kochen mit den Kindern mit viel Spaß das Verhältnis zu den gewünschten Lebensmitteln verbessern.

Wichtig ist es, dass die Durchführung von gesunder Küche nicht erzwungen wird. Starker Druck, zu hohe Ziele, zu unrealistische Anforderungen an sich selbst oder andere bewirkt oft das Gegenteil. Wir sind alle nur Menschen. „Fair zu sich selbst sein“, ist die Devise!

Wir Menschen sind alle verschieden und so gibt es leider keine Patentlösungen, die schnell bei problematischem Essverhalten wirken. Die Krankenkassen bezuschussen fünf bis sechs Termine bei Ernährungsberater*innen. Deren Ziel ist es auch, Betroffenen eine Sammlung von unterschiedlichen persönlichen Verhaltensstrategien an die Hand zu geben, mit denen sie sich vom unerwünschten Ess- und Trinkverhalten ablenken und in einer für die Herzgesundheit adäquateren Weise verhalten können. Wer mag, kann dies gerne einmal ausprobieren. Der Hausarzt stellt eine Verordnung dafür aus.

Zudem gibt es im Schulungszentrum der Adipositas-Ambulanz der UMG diverse Einzel- und Gruppenangebote zur Optimierung des Ess- und Bewegungsverhaltens sowie auch zur Gewichtsreduktion. Einen Einstieg bietet die Adipositas-Sprechstunde in der Interdisziplinären Adipositas-Ambulanz der Universitätsmedizin Göttingen, in der die Angebote erklärt und das optimale Verfahren herausgearbeitet wird. Die Terminvergabe läuft unter Telefon 0551-3962136.

Tipps für eine positive Verhaltensänderung:

  • Ziele für erwünschtes (Ess-)Verhalten positiv formulieren
  • Ziele sollten machbar und zeitlich konkret definiert sein: „Kein Termin – keine Tat“
  • Es ist verboten, sich/jemanden etwas zu verbieten => Prophylaxe gegen Heißhunger und heimliches Essen!
  • Situationen (z.B. Einladungen) im Blick behalten und einplanen, um Versagergefühle vorzubeugen; flexibel planen, Ausrutscher sind erlaubt
  • Auslöser für verführerisches Verhalten meiden, wie z.B. Süßigkeiten auf dem Beifahrersitz
  • Wiederholungen verstärken positives Verhalten
  • Etappenziele belohnen, z.B., wenn Kinder den gesunden Pausensnack mitnehmen und verzehren, diesen mit einer lieben Nachricht in der Brotdose aufpeppen
  • Bei Nichtgelingen neu starten und weitermachen – einfach neu planen
Diplom-Oecotrophologin

Dr. oec. troph. Vivien Faustin

Dr. oec. troph. Vivien Faustin

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