Rehachancen nutzen

Vorstellung und Erfolge der ambulanten kardiologischen Rehabilitation

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Nach wie vor sterben die meisten Patient*innen in Deutschland an Herzkreislauferkrankungen. Durch die Teilnahme an einer kardiologischen Rehabilitation kann die Gesamtsterblichkeit bei Patient*innen nach akutem Koronarsyndrom sowie nach Bypass-Operationen um bis zu 50% reduziert werden. Die signifikante Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit und der Lebensqualität durch die Teilnahme an einer kardiologischen Reha ist wissenschaftlich sehr gut belegt.

Von Dr. med. Jeannette Hamadeh, Göttingen

Herztöne vom 10.10.2020

"Rehachancen nutzen: Vorstellung und Erfolge der ambulanten kardiologischen Rehabilitation "

Entsprechend der 2019 veröffentlichten Leitlinien der DGPR (Deutsche Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation) besteht für Patient*innen nach akutem Koronarsyndrom und Herzinfarkten eine 1A-Empfehlung für die kardiologische Rehabilitation. Inzwischen liegen viele Studien vor, die belegen, dass durch die Teilnahme an einer kardiologischen Reha die Gesamtsterblichkeit deutlich reduziert werden kann. Aber nicht nur für den Herzinfarkt, sondern für viele Erkrankungen des Herzkreislaufsystems besteht die Indikation zur Durchführung einer kardiologischen Rehabilitation. Hier in Göttingen besteht seit 2008 die Möglichkeit einer ambulanten Form der kardiologischen und auch angiologischen Reha im Rehazentrum Junge. Sie ist der stationären Reha gleichgestellt und erzielt hervorragende Ergebnisse.

Heutzutage verringert sich der Krankenhausaufenthalt bei einem Herzinfarkt immer mehr. Teilweise verbleiben Patient*innen bei einem unkomplizierten Herzinfarkt nur noch drei Tage stationär im Krankenhaus. Während der stationären Versorgung wird das Herzkranzgefäß aufgedehnt oder ggf. eine Bypass-Operation durchgeführt. Außerdem erhalten die Patient*innen die entsprechenden Medikamente, die sie dann dauerhaft einnehmen müssen. Genauso wichtig wie die Verbesserung der Herzdurchblutung durch Stent oder Bypass-Operation sowie die Medikamente ist jedoch die nachhaltige Beseitigung der beeinflussbaren Risikofaktoren, die zu der Erkrankung geführt haben. Bei der Arteriosklerose sind dieses: Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung, Rauchen, Diabetes mellitus, Stress, Übergewicht und Bewegungsmangel. Patient*innen, die eine Reha absolvieren, erhalten Therapiemaßnahmen und Schulungen, die langfristig zu einem deutlich besseren Outcome führen.

Inhalte für die Patient*innen sind Schulungen bzgl. der kardiovaskulären Risikofaktoren und eine individualisierte Lebensstilberatung zur Verbesserung der kardiovaskulären Gesamtrisikosituation. In der ambulanten kardiologischen Reha werden die Patient*innen drei Wochen von einem interdisziplinären Team, bestehend aus Kardiologin, Krankenschwester, Psychologin, Sportwissenschaftlern, Sozialberaterin, Ergotherapeutin und Ernährungsberaterin betreut. Die Patient*innen erhalten eine umfangreiche kardiologische Untersuchung und Betreuung. Zudem bekommen sie Informationen über ihre Erkrankung, psychologische Unterstützung, eine Wiederherstellung der Alltagstauglichkeit und einen individuellen Trainingsplan.

Zu Beginn der kardiologischen Reha wird von der Kardiologin für jeden Patienten die Trainingsfrequenz ermittelt. Das Training findet unter EKG-Kontrolle und mit ständiger Pulsmessung statt. Ein muskuläres Training kann damit kombiniert werden.

Weitere Bestandteile der ambulanten kardiologischen Reha sind ärztliche Schulungen, tägliches Ergometertraining sowie Geh- und Lauftraining, Entspannungsübungen, Kochen in der Gruppe und Ernährungsberatung, muskuläres Training, Ergotherapie, Sozialberatung zur beruflichen Situation und Wiedereingliederung sowie eine engmaschige psychologische Betreuung, evtl. unter Miteinbeziehung der Angehörigen. Dies ist umso wichtiger, da die Patient*innen nach einem Herzinfarkt häufig sehr verunsichert sind und nicht wissen, wie sie sich belasten können.

Vorteile

Ein großer Vorteil der ambulanten Form der Reha gegenüber einer stationären Reha ist, dass die Patient*innen zuhause schlafen, bei ihren Angehörigen verbleiben und ein enger Kontakt mit dem Hausarzt gehalten werden kann. Zudem können die Patient*innen die erlernten Strategien schon einmal zuhause ausprobieren. Bei der ambulanten kardiologischen Rehabilitation sind die Patient*innen von morgens bis zum frühen Nachmittag im Rehazentrum. Sie können von einem Fahrdienst abgeholt und wieder nach Hause gebracht werden. Die Patient*innen absolvieren die verschiedenen Therapieeinheiten, bekommen ein Mittagessen und sind den Rest des Tages sowie an den Wochenenden in ihrem eigenen Zuhause.

Dabei besteht eine enge Kooperation mit dem Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen, dem Herz-und Gefäßzentrum am Krankenhaus Neu-Bethlehem, dem Krankenhaus Weende mit Neu-Mariahilf sowie den Krankenhäusern Northeim, Hann Münden und Duderstadt. Die Kontakte zwischen dem Rehazentrum und den ärztlichen Kolleg*innen sowie den Hausärzt*innen sind gut eingespielt, das kommt den Patient*innen zu Gute.

Trainingseffekte

Neben kardialen und muskulären Effekten wirkt sich regelmäßiges Training auch steigernd auf die Stimmung (Angst, Depressivität) aus und kann ergänzend zur medikamentösen Therapie die traditionellen kardiovaskulären Risikofaktoren, wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung und Diabetes positiv beeinflussen. In Studien konnte belegt werden, dass Patient*innen, die sich zweimal pro Woche sportlich betätigen, eine niedrigere Rate an erneuten kardiovaskulären Ereignissen zeigten.

Effekte der kardiologischen Reha

  • die signifikante Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit und der Lebensqualität -  die Sterblichkeit bei Koronare Herzkrankheit (KHK) wird um bis zu 50% reduziert
  • durch Unterstützung bei der Krankheitsverarbeitung sinken Angst, Stress und Depressionen
  • die Risikofaktoren werden gebessert, die Motivation zu einem gesunden Lebensstil optimiert
  • die medikamentöse Einstellung wird verbessert
  • die berufliche Wiedereingliederung wird strukturiert und eingeleitet

Indikationen

Indikationen für eine ambulante kardiologische Rehabilitation sind: Herzinfarkt, KHK, Herzschwäche, periphere arterielle Verschlusskrankheit, Lungenembolie, Zustand nach Bypass-Operation, Zustand nach Herzklappenoperation, Zustand nach Myokarditis, hypertensive Herzerkrankung, schwer einstellbarer Bluthochdruck sowie ein metabolisches Syndrom (Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung). Die Reha kann entweder als Anschlussheilbehandlung direkt nach dem Krankenhausaufenthalt oder, eingeleitet durch den Hausarzt, jederzeit durchgeführt werden.

Kontakt

Bei Fragen zur Einleitung einer ambulanten kardiologischen Rehabilitation können Sie sich gern an das Rehazentrum Junge wenden unter Tel. 0551-38385770 oder info(at)rehazentrumjunge.de.

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