20 Jahre „Herzzentrum Göttingen“: Krankenversorgung und Forschung fürs Herz auf hohem internationalem Niveau
(umg) Das Herzzentrum Göttingen an der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) begeht sein 20-jähriges Bestehen. Etwa 100 geladene Gäste, darunter der niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur Björn Thümler, Göttingens Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler und Universitätspräsident Prof. Dr. Metin Tolan, feierten unter Einhaltung der Corona-Regeln am Freitag, dem 24. September 2021, in der Aula am Wilhelmsplatz das Herzzentrum der UMG. In der Behandlung und in der Erforschung von Erkrankungen des Herzens sowie in der Ausbildung von Studierenden hat das Herzzentrum der UMG in den vergangenen Jahren national und international wesentliche Impulse gesetzt.
Vor 20 Jahren startete das Herzzentrum Göttingen als erstes interdisziplinäres Schwerpunktzentrum der UMG mit einem neuen, fächerübergreifenden Konzept. Um Herz-, Gefäß- und Lungenerkrankungen noch besser behandeln zu können, arbeiten unter dem Dach „Herzzentrum Göttingen“ 14 Kliniken und Institute der UMG, die sich mit Herz-Kreislauf- und Lungenerkrankungen beschäftigen, in der Krankenversorgung sowie in der Forschung eng zusammen. Ärzt*innen des Herzzentrums Göttingen setzen modernste Diagnose- und Behandlungsverfahren ein. Auf dem Gebiet der kathetergestützten Herzklappenbehandlung verfügen sie weltweit über ausgewiesene praktische Erfahrungen. Gleichzeitig hat sich das Herzzentrum Göttingen gemeinsam mit weiteren Partnern am Wissenschaftsstandort Göttingen in den letzten 20 Jahren zu einem der führenden Herzforschungszentren in Deutschland entwickelt. Viele der im Herzzentrum Göttingen angesiedelten Forschungsprojekte genießen national wie international einen hervorragenden Ruf.
Die im Herzzentrum Göttingen interdisziplinär arbeitenden Kliniken behandeln jedes Jahr über 7.000 stationäre und 13.500 ambulante Patient*innen mit Herz- und Gefäßerkrankungen nach neuesten Standards. „Das Konzept des Herzzentrums der Universitätsmedizin Göttingen ist eine Erfolgsgeschichte für Niedersachsen. Das gilt auch bundesweit und international. Krankenversorgung, Forschung und die Ausbildung von Ärzten und Forschern sind eng verbunden. Hier hat uns die UMG zum wiederholten Male nicht enttäuscht. Das Göttinger Herzzentrum besticht durch seine profunde 20-jährige Erfahrung, seine große Dynamik und durch seine mit vielseitigen Forschungsvorhaben ausgewiesene Zukunftsfähigkeit“, sagte der niedersächsische Wissenschaftsminister Björn Thümler.
„Unser wichtigstes Ziel ist und bleibt es auch in Zukunft, neue Diagnostik- und Therapieverfahren in der Klinik zu entwickeln“, sagte Prof. Dr. Gerd Hasenfuß, Vorstandsvorsitzender des Herzzentrums der UMG und Direktor der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der UMG. „Entwicklung findet nur statt, wenn man Ideen und Kreativität zulässt. Uns allen gemeinsam geht es um die Verbesserung und Neuentwicklung von Diagnose- und Behandlungsverfahren für unsere Patient*innen mit Herzerkrankungen. Wenn wir so konsequent weiterarbeiten, wie wir das in den zurückliegenden 20 Jahren getan haben, haben wir beste Chancen, dieses Ziel zu verstetigen.“
Prof. Dr. Wolfgang Brück, Sprecher des Vorstandes der UMG und Dekan der Medizinischen Fakultät, würdigte die Leistungen: „Die Geschichte des Herzzentrums Göttingen ist eine absolute Erfolgsstory. Das Herzzentrum Göttingen zählt zu den Leuchttürmen der wissenschaftlichen und klinischen Arbeit an der UMG. Ohne klaren Teamgedanken und die Einbindung vor allem junger innovativer Forscher*innen wäre so ein Weg gar nicht denkbar. Das Herzzentrum Göttingen hat eine Reihe von spektakulären Erfolgen vorzuweisen, die letztlich auf ein Ergebnis zulaufen: Sie orientieren sich am Wohl der Patientinnen und Patienten, machen sie gesünder und unterstützen sie in ihrer Lebensqualität und schaffen somit eine effizientere Patientenversorgung.
„Interdisziplinäre Ausbildung und Forschung bedingen sich gegenseitig. Uns war von Anfang an klar, dass wir gut ausgebildete Medizinstudierende brauchen“, sagte Prof. Dörthe Katschinski, stellv. Vorstandsvorsitzende des Herzzentrums der UMG.
Das Herzzentrum Göttingen war auch innovativer Vorreiter für die Neuorganisation der studentischen Lehre im Studiengang Humanmedizin in Göttingen. Mit der Einführung eines neuen Kardiopulmonalen Lehrmoduls legte das Herzzentrum die Grundlage für die modulare Lehre an der UMG.
DAS HERZZENTRUM GÖTTINGEN: MITGLIEDER
Im Herzzentrum Göttingen arbeiten die klinischen und theoretischen Abteilungen der UMG eng zusammen, die sich mit Herz-Kreislauf-,Lungen- und Nierenerkrankungen befassen. Den „Kern“ des Herzzentrums Göttingen bilden die Klinik für Kardiologie und Pneumologie, die Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie mit Schwerpunkt Kinderherzchirurgie sowie die Klinik für Pädiatrische Kardiologie, Intensivmedizin und Neonatologie. Als weitere Mitglieder aus der UMG gehören dem Herzzentrum an: die Kliniken für Anästhesiologie, Nephrologie und Rheumatologie, Nuklearmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie mit Schwerpunkt Psychokardiologie, die Abteilung Geriatrie, die Institute für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Herz- und Kreislaufphysiologie, Humangenetik, Molekularbiologie, Pharmakologie und Toxikologie, Zellbiochemie sowie der Pflege- und Pflegefunktionsdienst.
Imagefilm des Herzzentrums Göttingen: https://herzzentrum.umg.eu/ueber-uns/infos-medien/mediathek/
KRANKENVERSORGUNG: MODERNSTE DIAGNOSTIK UND THERAPIE
Alle Erkrankungen des kindlichen und des erwachsenen Herzens, auch die „gebrochenen“ Herzen in der Psychosomatik, haben die Expert*innen des Herzzentrums der UMG im Blick. Das medizinische Leistungsangebot des Herzzentrums reicht von der Therapie sämtlicher Herzgefäß-Erkrankungen über chirurgische Eingriffe an Herz, Thorax, Gefäßen und Lunge bis hin zu Behandlungsansätzen, die Wechselwirkungen zwischen Herz und Seele berücksichtigen. Bereits seit 2009 besteht eine Station eigens für Patienten mit psychokardiologischen Erkrankungen – damals als eine der ersten Universitätskliniken in Deutschland.
Modernste Diagnose- und Behandlungsverfahren kommen im Herzzentrum Göttingen zum Einsatz. Herzstücke der technischen Ausstattung sind unter anderem vier hochmoderne Hightech-Herzkatheterlabore, eines für Kinder. Sie verfügen über eine volldigitale Bildverarbeitung, 3-D-Animationen des Herzens, Rotationsröntgen sowie Spezial-Ultraschalluntersuchungen der Herzkranzgefäße von innen. Diese Geräte können das Herz während der Untersuchung aus zwei Perspektiven darstellen. Sie arbeiten schneller, mit geringerer Strahlenbelastung, bildgenauer und schonender als bisherige Anlagen. Aktuell wird im Herzzentrum mit Nachdruck die nichtinvasive Bildgebung verschiedener Herzerkrankungen durch CT und MRT weiterentwickelt, um auf invasive Herzkatheteruntersuchungen nach Möglichkeit verzichten zu können. Allein die technische Ausstattung des Herzzentrums Göttingen setzt Maßstäbe in Niedersachsen und darüber hinaus.
Zu den Spezialgebieten in der Krankenversorgung gehören die Behandlung von Herzinfarkt, Herztransplantationen sowie die Korrektur von angeborenen und komplexen Herzfehlern bei Kindern. In der Behandlung von Herzklappen setzt das Herzzentrum neueste Kathetertechniken ein und gehört mit jährlich über 400 minimalinvasiven Klappeneinsätzen seit dem Jahr 2009 zu den erfahrensten Zentren. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Katheterablation von Herzrhythmusstörungen bei Kindern und Erwachsenen.
Darüber hinaus gehört die Notfallversorgung zu den Aufgaben des Herzzentrums Göttingen. Patient*innen aus der Region erhalten bei akuten Herzinfarkten und Kreislaufnotfällen in einer speziell ausgestatteten Brustschmerzeinheit (Chest Pain Unit) sowie dem seit 2019 zertifizierten Cardiac Arrest Center (CAC) eine rasche Versorgung. Pro Jahr werden etwa 700 Infarkte am Herzzentrum Göttingen versorgt.
FORSCHUNG – TRANSLATIONAL ZUM WOHLE DER PATIENTEN
Die medizinische Forschung am Herzzentrum Göttingen ist „translational“ ausgerichtet. Geforscht wird in enger Verzahnung zwischen Grundlagen und klinischer Umsetzung. Im Mittelpunkt steht dabei, Erkrankungen des Herzens genauer zu verstehen und die Therapieoptionen für Patient*innen mit Herzerkrankungen zielgerichtet zu verbessern. Sokonzentriert sich Forschung im Herzzentrum Göttingen auch in Zukunft auf die Entwicklung neuester Therapie- und Untersuchungsverfahren, insbesondere zur Behandlung von Herzschwäche und Vorhofflimmern. Die Erforschung genetischer und molekularer Grundlagen zum besseren Verständnis von Herzerkrankungen gehört zum Spektrum, zudem die spektakulären Forschungen aus dem Jahr 2006 in der Stammzellentherapie zur Erneuerung von Herzmuskelgewebe. Gerade erst in diesem Jahr startete die weltweit erste Patientenstudie für den Einsatz der so genannten „Herzpflaster“.
Auch für den medizinischen Fortschritt bei der Behandlung herzkranker Kinder und Jugendlicher hat Göttingen eine hohe nationale und internationale Sichtbarkeit und bietet höchste Versorgungsqualität für junge Patient*innen. Jährlich werden mehr als 5.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit einem angeborenen Herzfehler in der Kinderherzklinik behandelt. Damit deckt das Herzzentrum Göttingen in der Versorgung die gesamte Lebensspanne ab.
VISION HERZFORSCHUNG: WELTSPITZE IM FORSCHUNGSVERBUND
Seit zehn Jahren ist das Herzforschungszentrum Göttingen (Heart Research Center Göttingen, HRCG) Partnerstandort im „Deutschen Zentrum für Herz-Kreislaufforschung (DZHK)“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Im Verbund mit anderen Fakultäten der Georg-August-Universität, den Max-Planck Instituten für Experimentelle Medizin, Dynamik und Selbstorganisation und Biophysikalische Chemie sowie dem Deutschen Primatenzentrum verfolgt das Herzzentrum Göttingen das Ziel, neue Behandlungsverfahren zu entwickeln, um nach einer Herzschädigung die Entstehung einer Herzmuskelschwäche zu verhindern oder bereits vorhandene Herzmuskelschwäche zu behandeln. Hierbei kommen neue Methoden, die in Göttingen entwickelt wurden, zum Einsatz. „Unsere Vorhaben im DZHK haben einen enormen Schub für die Herz-Kreislaufforschung gegeben. Die großartigen bildgebenden Verfahren der STED-Mikroskopie und der Echtzeit-MR-Bildgebung aus dem Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen stellen einen Quantensprung in der Herzbildgebung dar. Das Echtzeit-MRT ermöglicht uns Operationen und Behandlungen direkt im MRT. Damit stehen wir mit unseren Wissenschaftspartnern in Göttingen zweifellos an der Weltspitze“, sagt Prof. Hasenfuß.
Den Zusammenhang von Herz- und Hirnerkrankungen verstehen, Grundlagen- und klinische Forschung miteinander vernetzen und damit neue Therapie- und Diagnostikansätze mit gesellschaftlicher Tragweite entwickeln – das sind die Ziele des Herz- und Hirn-Forschungsschwerpunktes in Göttingen. Das Göttinger Exzellenzcluster „Multiscale Bioimaging: von molekularen Maschinen zu Netzwerken erregbarer Zellen“ trägt wesentlich dazu bei, das Herzzentrum Göttingen ist zentraler Teil des einzigen Exzellenzclusters an der Universität Göttingen.
Der Sonderforschungsbereich 1002 „Modulatorische Einheiten bei Herzinsuffizienz“ entwickelt die Grundlagen für neue Behandlungsverfahren bei Herzinsuffizienz. Die Förderung erfolgt durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft.
Das Internationale Graduiertenkolleg 1816 untersucht in zwölf Projekten gemeinsam mit Wissenschaftler*innen am King’s College London die Bedeutung von Veränderungen an Proteinen (posttranslationale Modifikation) für die Entstehung und Behandlung der Herzinsuffizienz. In dem Graduiertenkolleg werden Doktorand*innen aus zurzeit acht unterschiedlichen Herkunftsländern ausgebildet.
AUSBLICK
„Die zukünftige Entwicklung nenne ich ‚Herzzentrum 2.0‘“, sagt Prof. Hasenfuß. „Wir müssen die Versorgung unserer Patient*innen neu strukturieren und transsektoral organisieren. Das gemeinsame Ziel muss sein, die Zusammenarbeit zwischen ambulanten Praxen, Rehabilitationsbereich und Maximalversorger besser zu strukturieren. Wir entwickeln unter Berücksichtigung des demografischen Wandels Versorgungsmodelle und technische Verfahren für immer älter werdende Patient*innen. Und die Zukunft der Herzmedizin ist digital. Begriffe wie ‚Digitale Patientenakte‘, ‚Maschinelles Lernen‘ und ‚Big Data‘ stehen im Herzzentrum Göttingen bereits intensiv auf der Agenda und werden die Zukunftsfähigkeit des Herzzentrums prägen.“
Für die stetige Weiterentwicklung der Göttinger Herzforschung steht inzwischen als sichtbare Beispiele das Herzforschungsgebäude, in dem Herzgewebe mit hochauflösenden optischen und elektronischen Techniken untersucht werden kann. Zudem wächst das neue Gebäude für das deutschlandweit einmalige Heart & Brain Center, das im Jahr 2022 seinen Betrieb aufnehmen soll. Hier sollen neue Behandlungswege für oft gleichzeitig auftretende Herz- und Gehirnerkrankungen entwickelt werden.
INNOVATIV: MODULARE LEHRE UND SPEZIALANGEBOT FÜR DOKTORANDEN
Mit der Einführung eines „Kardiopulmonalen Lehrmodul (KPL)“ reformierte das Herzzentrum Göttingen die studentische Lehre für die Fächer Kardiologie und Pneumologie sowie Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie mit dem Schwerpunkt Kinderherzchirurgie an der UMG, aber auch bundesweit. Der medizinische Nachwuchs studiert bereits seit 2001 in kompakten Lerneinheiten, so genannten Modulen.
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