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Innovative Herzmedizin: UMG setzt neuartigen Vorhof-Herzschrittmacher nach Transplantation ein

An der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) wurde einem 47-jährigen Patienten nach einer Herztransplantation ein neuartiger, kabelloser Vorhof-Schrittmacher eingesetzt. Das fachübergreifende Herz-Team konnte damit schwerwiegende Rhythmusstörungen mit einem besonders schonenden Verfahren erfolgreich behandeln.

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Erfolgreiche Behandlung: Priv.-Doz. Dr. Ulrich Krause, Leiter (komm.) der Abteilung für Pädiatrische Kardiologie und Intensivmedizin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), Patient M. Dittrich-Groß und Prof. Dr. Constanze Schmidt, Direktorin der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der UMG (v.l.n.r.). Foto: umg/samer al mhethawi
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Beide Implantate sind nur etwa ein Zehntel so groß wie ein klassischer Schrittmacher und kleiner als eine AAA-Batterie. Fotos: umg/samer al mhethawi

M. Dittrich-Groß ist ein sogenannter EMAH, ein Erwachsener mit einem angeborenen Herzfehler. Seit seiner Geburt war er von einer hypertrophen Kardiomyopathie (HCM) betroffen, einer seltenen oft genetisch bedingten Erkrankung des Herzmuskels. Dabei verdicken sich die Herzwände krankhaft, wodurch die Pumpfunktion des Herzens zunehmend beeinträchtigt werden kann. Mögliche Folgen reichen von Rhythmusstörungen über Herzschwäche bis hin zu Schlaganfällen oder – in seltenen Fällen – zum plötzlichen Herztod. Trotz kontinuierlicher und engmaschiger Betreuung in der Abteilung für Pädiatrische Kardiologie und Intensivmedizin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) entwickelte der Patient über die Jahre eine lebensbedrohliche Herzschwäche. M. Dittrich-Groß wurde für ein Spenderherz gelistet und erhielt im August 2024 ein passendes Organ.

Auch nach der Transplantation traten bei M. Dittrich-Groß weiterhin Herzrhythmusstörungen auf, die eine Herzschrittmachertherapie notwendig machten. An der UMG wurde dem Patienten durch ein fachübergreifendes Team um Prof. Dr. Constanze Schmidt, Direktorin der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der UMG, und Priv.-Doz. Dr. Ulrich Krause, Leiter (komm.) der Abteilung für Pädiatrische Kardiologie und Intensivmedizin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der UMG, ein innovativer Vorhof-Schrittmacher ohne externe Kabel implantiert. Es handelt es sich um eine der ersten Implantationen dieser Art in Deutschland.

„Das neue kabellose Herzschrittmachersystem eröffnet eine völlig neue Möglichkeit der Zweikammerherzschrittmachertherapie. Es besteht aus zwei sehr kleinen Implantaten – einem, das die rechte Herzkammer stimuliert, und einem, das im rechten Vorhof platziert wird. Jedes Implantat ist nur etwa ein Zehntel so groß wie ein klassischer Schrittmacher und kleiner als eine AAA-Batterie“, sagt Prof. Schmidt.

Ein herkömmlicher Schrittmacher wird normalerweise in einer kleinen Operation unterhalb des Schlüsselbeins eingesetzt. Über dünne, isolierte Kabel – die Elektroden – leitet er die elektrischen Impulse ins Herz. Diese Methode ist etabliert, bringt aber auch mögliche Risiken wie Infektionen oder Kabelbrüche mit sich, sowie sichtbare Narben und eine kleine Ausbeulung an der Brust.

Kommunikation über das Blut
Im Unterschied zum herkömmlichen Schrittmacher werden elektrodenlose Systeme minimalinvasiv direkt ins Herz implantiert. Der Zugang erfolgt dabei über die Leistenvene. Über diese wird ein Katheter, ein dünner, flexibler Schlauch, bis ins Herz vorgeschoben. Mithilfe des Katheters werden die kleinen Implantate an die gewünschte Stelle im Herzvorhof oder in der Herzkammer gebracht und dort verankert. Dabei prüft das Expert*innenteam während des Eingriffs genau, ob das Implantat sicher sitzt und elektrische Signale zuverlässig weitergeleitet werden. Erst wenn alle Werte stimmen, wird das Gerät endgültig im Herzmuskel fixiert und der Katheter entfernt.

Besonders innovativ ist die Art der Zusammenarbeit zwischen den beiden neuartigen Implantaten: Sie kommunizieren über kurze Hochfrequenzimpulse, die über das Blut im Körper weitergeleitet werden. Auf diese Weise sind Vorhof- und Kammergerät bei jedem einzelnen Herzschlag miteinander synchronisiert. Das Ergebnis ist ein vollwertiges Zweikammersystem, ganz ohne Kabel. 

Kürzere Erholungsphase und geringere Belastung
Ein weiterer Vorteil: Patient*innen profitieren von einer kürzeren Erholungsphase und einer geringeren Belastung des Körpers, da keine Operation am Brustkorb erforderlich ist und keine Kabel durch Blutgefäße gelegt werden müssen. So lassen sich Komplikationen deutlich reduzieren. 

„Wir sehen in dem System einen wichtigen Fortschritt: Während frühere kabellose Schrittmacher ausschließlich in der rechten Herzkammer eingesetzt werden konnten, macht die neue Vorhof-Technologie erstmals eine echte Zweikammertherapie möglich. Damit eröffnet sich für viele Patient*innen mit komplexen Herzrhythmusstörungen eine deutlich schonendere und individuell anpassbare Behandlungsperspektive“, sagt Priv.-Doz. Krause.

„Für unseren Patienten ist es ein großer Gewinn, dass wir die Rhythmusstörungen nach der Transplantation mit einem so schonenden Verfahren behandeln konnten. Und in diesem Fall ganz gezielt einen selektiven Vorhofschrittmacher schonend in ein transplantiertes Herz implantieren konnten“, ergänzt Prof. Schmidt. „Die erfolgreiche Zusammenarbeit von Kinder- und Erwachsenenkardiolog*innen zeigt zudem die besondere Stärke unserer fachübergreifenden und hochspezialisierten Herzmedizin in Göttingen.“

Ansprechpartner*innen Fachbereich: 
Prof. Dr. Constanze Schmidt, Klinik für Kardiologie und Pneumologie Telefon 0551 / 39-67601,  rfaber(at)med.uni-goettingen.de
Priv.-Doz. Dr. Ulrich Krause, Abteilung für Pädiatrische Kardiologie und Intensivmedizin, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Telefon 0551/ 39-62580, paed3.chefsek(at)med.uni-goettingen.de

Pressekontakt:
Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität
Leitung Unternehmenskommunikation
Lena Bösch 
Von-Siebold-Str. 3, 37075 Göttingen
Telefon 0551 / 39-61020
Fax 0551 / 39-61023
presse.medizin(at)med.uni-goettingen.de
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